FOMO (Fear of missing out) 10 einfache Lösungen

von | Persönliche Entwicklung | 12 Kommentare

„Das, was ich am meisten fürchte, ist nicht das Scheitern an sich, sondern die quälende Vorstellung, dass sich die Welt um mich herum weiterdreht, während ich irgendwie zurückbleibe.“ – So Joachim, wenn ich ihn frage, ob er seine Angst in Worte fassen kann.

Er ist gut gelaunt, wenn er zu mir kommt. Sein Lächeln ist echt, seine Begrüßung herzlich. Aber wenn ich genauer hinsehe, erkenne ich die Unruhe in seinen Augen. Joachim leidet unter dem sogenannten „Fear of Missing Out“ (FOMO), der Angst, etwas zu verpassen. Sein Leben ist geprägt von dieser Angst, die ihn ständig antreibt und plagt.

Er erzählt, dass er es kaum erträgt, wenn er den Eindruck hat, dass andere Menschen spannende Dinge erleben, von denen er ausgeschlossen ist. Es macht ihn manchmal sogar wütend. Er verbringt Stunden damit, durch Fotos und Posts seiner Freunde zu scrollen, während er sich fragt, warum er bei all diesen Aktivitäten nicht dabei ist.

Sein Terminkalender lässt kaum Luft zum Atmen. Er ist ein Vertriebler aus Berufung, Hektik gehört zu seinem täglichen Leben. Joachim möchte keine Gelegenheit verpassen, egal ob eine Afterwork-Party, ein Treffen mit Freunden oder einen Workshop. Selbst, wenn er müde ist oder eigentlich etwas Ruhe braucht, fühlt er sich gezwungen, überall präsent zu sein, aus Angst, die Chance seines Lebens zu verpassen.

Joachims FOMO beeinflusst nicht nur seine emotionale Gesundheit, sondern auch seine zwischenmenschlichen Beziehungen. Das führt zu Stress und er entfremdet sich den Menschen, die er liebt.

Joachim hat als Ziel angegeben, sein FOMO (Fear of Missing Out) überwinden zu wollen, mehr qualitativ hochwertige Zeit mit seinen Freunden zu verbringen und eine positivere Einstellung (Mindset) zu entwickeln.

 

Fomo: Inhalt

1. Analyse Life Coach
2. Praktische Tools:
3. Psychologie zu Fomo
4. Unterschied: Fomo und Jomo
5. Fomo und ähnliche Symptome
6. Fomo: 10 Anzeichen – 10 Lösungen

 

1. Analyse Life Coach

In unserer ersten Session versuchen wir, Joachims Ursachen für seine Fomo auf den Grund zu gehen.

In unseren Gesprächen hat Joachim erkannt, dass seine Angst, etwas zu verpassen, mindestens drei Ursachen hat. Erstens resultiert sie aus dem Wunsch, dazuzugehören. Zweitens empfindet er oft das Gefühl, nicht gut genug zu sein. Drittens plagt ihn die Furcht vor Leere und Bedeutungslosigkeit.

 

Bedürfnis nach sozialer Zugehörigkeit

Joachim fühlt ein starkes Bedürfnis nach sozialer Zugehörigkeit, was seine FOMO antreibt. Er hat erkannt, dass er sich oft ausgeschlossen fühlt, wenn er nicht an allen Aktivitäten teilnimmt.
Diese Angst, nicht dazuzugehören, führt zu seiner ständigen Teilnahme an sozialen Aktivitäten, selbst wenn er erschöpft ist. Er fürchtet, dass er sonst nicht mehr als Teil der Gruppe angesehen wird.

 

Mangel an Selbstwertgefühl

Joachim hat erkannt, dass ein Teil seiner FOMO aus einem geringen Selbstwertgefühl resultiert. Er sucht externe Bestätigung, um sich gut zu fühlen.
Seine Angst, etwas zu verpassen, ist eng mit dem Gefühl verbunden, nicht gut genug zu sein. Er glaubt, dass er ständig etwas tun muss, um seinen Wert zu beweisen.

 

Hedonistische Tretmühle

Joachim hat bemerkt, dass er sich schnell an positive Veränderungen gewöhnt und ständig nach neuen Reizen und Erfahrungen sucht, um das gleiche Glücksgefühl zu erleben.
Seine FOMO wird durch das ständige Streben nach neuen, aufregenden Erlebnissen verstärkt. Er fühlt sich getrieben, immer mehr zu tun und zu erleben, um zufrieden zu sein.

 

Fazit

Im ersten Teil des Coaching-Prozesses haben wir herausgefunden, woher Joachims FOMO kommt. Dieses Verständnis ermöglicht es uns nun, im zweiten Teil praktische Übungen umzusetzen, die ihm helfen, seine Angst zu überwinden und sein Wohlbefinden zu steigern

 

2. Praktische Tools

Joachim hat erkannt, dass seine FOMO aus verschiedenen tiefen Bedürfnissen und Ängsten resultiert. Um dies in den Griff zu bekommen und sich besser zu fühlen, setzen wir auf praktische Übungen. Er möchte mehr Zeit mit engen Freunden verbringen und weniger Zeit in sozialen Medien. Dabei beschäftigen wir uns auch mit dem Setzen von langfristigen Zielen in den unterschiedlichen Lebensbereichen. Diese Methoden helfen ihm, sein Selbstwertgefühl zu stärken und dauerhaft zufriedener zu sein.

 

Qualitätszeit mit engen Freunden:

Joachim verbringt bewusst mehr Zeit mit Freunden, mit denen er tiefere Verbindungen hat, anstatt an vielen oberflächlichen sozialen Aktivitäten teilzunehmen. Das stärkt seine sozialen Bindungen und erfüllt sein Bedürfnis nach Zugehörigkeit.

 

Soziale Medien reduzieren:

Eine bewusste Reduktion der Zeit, die er in sozialen Medien aktiv ist, hilft ihm, sich weniger mit anderen zu vergleichen und sich weniger ausgeschlossen zu fühlen. Wir legen feste Zeiten fest, in denen er online geht.

 

Aktivitäten auswählen:

Joachim lernt, nur an den Aktivitäten teilzunehmen, die ihm wirklich Freude bereiten und ihm Energie geben, anstatt sich zu überfordern, um überall präsent zu sein.

 

Selbstwertübungen:

Joachim macht täglich Selbstwertübungen, wie z.B. das Führen eines Tagebuchs, in dem er seine Erfolge und positiven Eigenschaften notiert. Das stärkt sein Selbstwertgefühl unabhängig von äußerer Bestätigung.

 

Langfristige Ziele setzen:


Joachim setzt sich zusammen mit mir langfristige Ziele. Er konzentriert sich auf Events, die ihm tiefe und nachhaltige Zufriedenheit bringen, anstatt ständig nach kurzfristigen Glücksmomenten zu suchen.

 

Fazit

Schon nach einigen Life-Coaching-Sitzungen wirkt Joachim deutlich gelassener. Die festgelegten Ziele und praktischen Tools haben dazu beigetragen, dass seine Angst und auch seine Wut nachgelassen haben. Er hat wieder einen positiveren Mindset und ist viel zufriedener mit seinem Leben.

 

3. Psychologie zu Fomo

 

Der Psychologe Dan Ariely, beschreibt Fomo als

„die Angst davor, falsche Entscheidungen darüber zu treffen, wie man seine Zeit verbringt und möglicherweise die beliebtesten Partys, lustigsten Aktivitäten oder besten Erlebnisse zu verpassen.“

Es kann aber auch heißen, mitzubekommen, wie jemand anders lustiger postet, entspannter drauf ist, schneller Karriere macht oder eine tollere Beziehung hat. Es ist die ganze Bandbreite von kleinen Sachen bis zu den wesentlichen Dingen im Leben wie Beruf und Beziehungen.

Eine Studie um den Psychologen Przybylski (2013) betont, dass Menschen mit hohen FOMO-Werten im Durchschnitt weniger glücklich, weniger zufrieden mit ihrem Leben, weniger kontrolliert, kommunikatiiv und weniger verbunden sind.

 

4. Unterschied: Fomo und Jomo

FOMO (Fear of Missing Out) und JOMO (Joy of Missing Out) sind zwei gegensätzliche Konzepte, welche die Art und Weise beschreiben, wie Menschen mit sozialen Aktivitäten und Erfahrungen umgehen.

FOMO bezieht sich auf die Angst, etwas zu verpassen. Menschen wie Joachim, die unter FOMO leiden, fühlen sich getrieben, überall dabei sein zu müssen und keine Gelegenheit auszulassen.

JOMO (Joy of Missing Out) beschreibt die Freude, die Menschen empfinden, wenn sie bewusst auf bestimmte Aktivitäten verzichten. Menschen mit JOMO schätzen die Qualität ihrer Erfahrungen über die Quantität.

Sie sind in der Lage, sich auf die Dinge zu konzentrieren, die ihnen wirklich wichtig sind, und genießen es, den Moment zu genießen, ohne das Gefühl zu haben, etwas zu verpassen.

 

5. Fomo und ähnliche Symptome

 

FOMO ist eine umfassende Kategorie, die verschiedene Aspekte der Unruhe umfasst. Untenstehende Begriffe sind unterschiedliche Ausprägungen der Unruhe, die aus dem Verlangen nach sozialer Anerkennung, dem Drang, immer aktuell zu sein, und dem ständigen Vergleich mit anderen resultieren können.

Social Comparison Anxiety

Erklärung: Angst vor sozialem Vergleich
Beispiel: Unzulänglichkeitsgefühl durch perfekte Lebensstile auf Social Media.

 

Information Overload

Erklärung: Informationsüberlastung
Beispiel: Überlastungsgefühl durch zahlreiche E-Mails und Nachrichten.

 

Fear of Being Left Behind

Erklärung: Angst, zurückgelassen zu werden
Beispiel: Sorge, berufliche Trends zu verpassen.

 

Decision Fatigue

Erklärung: Entscheidungsmüdigkeit
Beispiel: Geistige Erschöpfung nach einem Tag voller Entscheidungen.

 

Social Media Anxiety

Erklärung: Angst vor sozialen Medien
Beispiel: Angst vor Online-Reaktionen und -Bewertungen.

 

Event Envy

Erklärung: Neid auf Ereignisse
Beispiel: Neid auf Freunde, die an aufregenden Events teilnehmen.

 

 

6. Fomo: 10 Anzeichen – 10 Lösungen

 

FOMO, die Angst, etwas zu verpassen, kann auf verschiedene Arten auftreten. Hier sind 10 Anzeichen, Beispiele und Lösungen, um mit FOMO umzugehen:

1. Gedankliche Abwesenheit

 

Erklärung: Menschen mit FOMO haben Schwierigkeiten, im Moment zu leben, da sie ständig das Gefühl haben, etwas Wichtiges zu verpassen.

Beispiel: Jemand ist auf einer Veranstaltung physisch anwesend, aber sein Geist ist ständig woanders.

Lösungen: im Hier und Jetzt präsent zu sein; bewusstes Genießen von gegenwärtigen Erfahrungen.

 

2. Aufschieben 

 

Erklärung: Aufschieben von Pflichten, um in sozialen Medien zu stöbern, resultiert aus dem Wunsch, in Kontakt mit anderen zu bleiben. Die kurzfristige Befriedigung steht aber im Konflikt mit beruflichen Zielen oder Lebenszielen.

Beispiel: Anstatt zu arbeiten oder richtig zu entspannen, verbringt jemand Zeit auf Social-Media-Plattformen.
Lösungen: Zeitmanagement-Techniken wie die Pomodoro-Technik verwenden; sich klare Zeitfenster für die Arbeit setzen, um wieder motiviert zu sein.

 

3. Vergleichsgetriebene Unzufriedenheit

 

Erklärung: Das ständige Vergleichen mit anderen Menschen kann das Selbstwertgefühl beeinträchtigen.

Beispiel: Eine Person versucht krampfhaft, andere Menschen zu beeindrucken, um ihren eigenen Wert zu bestätigen.

Lösungen: Authentizität und Selbstannahme fördern; den Fokus auf eigene Stärken und Ziele lenken

 

4. FOMO-getriebene Online-Sucht

 

Erklärung: Menschen können sich in einem ständigen Bedürfnis nach Informationen verfangen, um keine wichtigen Ereignisse zu verpassen.

Beispiel: Jemand überprüft ständig Facebook, um sicherzustellen, dass er keine Geburtstagsfeier oder Veranstaltung seiner Freunde verpasst.

Lösungen: philosophische Gelassenheit fördern

 

5. Konzentrationsprobleme

 

Erklärung: Das ständige Streben nach Anerkennung kann dazu führen, dass Menschen Schwierigkeiten haben, sich auf eine Aufgabe zu konzentrieren, weil sie befürchten, dass sie etwas Wichtigeres verpassen.

Beispiel: Eine Person unterbricht ständig ihre Aufgaben, um auf soziale Medien zu schauen und sicherzustellen, dass sie in Gesprächen involviert ist.
Lösung: Selbstkontrolle entwickeln, um sich auf eine Aufgabe zu konzentrieren.

 

6. Unruhe in der Freizeit

 

Erklärung: Unruhe während freier Zeit entsteht aus der Furcht, wichtige Aktivitäten zu verpassen. Die Angst vor dem „verlorenen“ Potenzial führt zu ständiger Aktivität.

Beispiel: An einem Abend ohne Pläne fühlt sich jemand unwohl und unruhig.

Lösung: Achtsamkeits– und Entspannungstechniken anwenden

 

7. Widersprüchliche Informationen

 

Erklärung: FOMO kann dazu führen, dass Menschen widersprüchliche Informationen aufnehmen, um keine Möglichkeit zu verpassen, was zu kognitiver Dissonanz führen kann.

Beispiel: Jemand folgt Social-Media-Konten mit unterschiedlichen politischen Ansichten, um sicherzustellen, dass keine Perspektiven verpasst werden.

Lösungen: Bewusstes Hinterfragen von widersprüchlichen Informationen oder Scheinargumente; Fokus auf konsistente Werte, Überzeugungen und Argumentation.

 

8. Perfektionismusdruck

 

Erklärung: Der innere Kritiker kann bei FOMO verstärkt auftreten und zur Überbewertung von Chancen und Ereignissen führen, was zu Unsicherheit und Burnout beitragen kann.

Beispiel: Eine Person setzt sich selbst unter enormen Druck, in jeder Hinsicht perfekt zu sein, um bloß keine Möglichkeit zu verpassen.

Lösungen: den Perfektionismus durch realistische Erwartungen ersetzen.

 

9. Selbstdarstellung als Ersatz

 

Erklärung: FOMO kann dazu führen, dass Menschen ständig persönliche Geschichten teilen, um Aufmerksamkeit zu erregen und sich relevant zu fühlen. Es kann zu einer ungesunden Form von Narzissmus führen.

Beispiel: Jemand teilt wiederholt Geschichten über aufregende, coole Erlebnisse, um sicherzustellen, dass sein Leben abenteuerlich und sinnerfüllend ist.

Lösung: Empathie Training, Selbstakzeptanz

 

10. Angst vor Ausgrenzung

 

Erklärung: Das Gefühl des Ausschlusses aus sozialen Gruppen resultiert aus Vergleichen und dem Bedürfnis, ständig auf dem Laufenden zu sein. Das kann zu starkem Stress führen.

Beispiel: Jemand fühlt sich gestresst und unglücklich, wenn er nicht zu einer Veranstaltung eingeladen wurde.

Lösungen: Selbstakzeptanz und Selbstwert fördern; sich auf tatsächliche Bindungen und Beziehungen konzentrieren und auf wertschätzende Kommunikation, statt auf Oberflächliches und Smalltalk.

 

Fazit:

Entscheidend ist die Balance zwischen sozialer Aktivität und Selbstfürsorge, um ein erfülltes und selbstbestimmtes Leben zu führen.

Wünscht du dir Veränderungen oder das Erreichen neuer Lebensziele? Buche hier ein kostenloses Erstgespräch.

 

© Timo ten Barge 01.08.24

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12 Kommentare

  1. Sarah

    Hallo Timo,

    vielen Dank für den ausführlichen Artikel! Ich finde es super, wie klar hier die Ursachen für FOMO beschrieben werden. Besonders der Punkt „Mangel an Selbstwertgefühl“ hat mich nachdenklich gemacht.

    Welche Tipps hättest du, wenn man feststellt, dass das Bedürfnis nach Zugehörigkeit besonders stark ist?

    Gibt es Übungen, um das zu reduzieren?

    Liebe Grüße
    Sarah

    Antworten
    • Timo

      Hi Sarah,
      Danke für deine Frage!
      Der Sozialpsychologe Mark Leary hat mit seinem ‚Soziometertheorie‘-Modell gezeigt, dass unser Bedürfnis nach Zugehörigkeit eng mit unserem Selbstwertgefühl verknüpft ist. Laut Leary dient das Selbstwertgefühl als eine Art Barometer dafür, wie gut wir uns in sozialen Gruppen integriert fühlen. Wenn das Bedürfnis nach Zugehörigkeit stark ausgeprägt ist, hilft es, gezielt ’soziale Signale‘ wahrzunehmen, die Zugehörigkeit bestätigen.

      Eine Übung könnte sein, bewusst auf die positiven Interaktionen in deinem Alltag zu achten – ein freundliches Lächeln, ein subtiles Lob oder eine authentische Wertschätzung. Notiere diese Momente z.B in einem Tagebuch. Indem du diese Signale wahrnimmst und wertschätzt, kannst du erkennen, dass du bereits eingebunden bist, auch wenn du nicht bei jeder Aktivität dabei bist. So stärkst du dein Gefühl der sozialen Verbundenheit auf gesunde Weise.
      Viel Erfolg!
      Schöne Grüße,
      Timo

      Antworten
  2. Sarah

    Hallo Timo,

    das mit Mark Leary klingt spannend, vor allem das Soziometermodell. Wie genau beeinflusst dieses Barometer unser Verhalten in sozialen Gruppen?

    Und wie könnte man konkret daran arbeiten, wenn dieses „Barometer“ ständig ein Gefühl von Unsicherheit anzeigt?

    Liebe Grüße
    Sarah

    Antworten
    • Timo

      Hallo Sarah!
      eine super Frage. Laut Leary signalisiert das Soziometer uns, wie akzeptiert oder abgelehnt wir uns in sozialen Gruppen fühlen. Wenn wir Unsicherheit oder Angst empfinden – zum Beispiel durch eine vermeintlich kühle Reaktion oder einen Mangel an Rückmeldung – schlägt dieses Barometer Alarm, was oft zu verstärktem Anpassungsverhalten oder Selbstzweifeln führt.

      Um an einem überempfindlichen Soziometer zu arbeiten, kann es hilfreich sein, sich bewusst zu machen, dass unser Gehirn manchmal überreagiert und soziale Signale falsch interpretiert. Eine konkrete Übung hierfür ist das sogenannte Reframing: Wenn du dich unsicher fühlst, stelle dir die Frage, ob es andere Erklärungen für das Verhalten der anderen geben könnte. War die Person vielleicht gestresst oder abgelenkt?

      Zusätzlich kannst du dir bewusst Situationen schaffen, in denen du dich wohl und sicher fühlst – zum Beispiel durch enge Freunde, bei denen du dich nicht beweisen musst. Je mehr du diese positiven Erfahrungen sammelst, desto stabiler wird dein ‚Barometer‘, und es reagiert weniger empfindlich auf vermeintliche Ablehnung.

      Ich hoffe, meine Antwort ist verständlich und hilfreich für dich.

      schöne Grüße,
      Timo

      Antworten
  3. Sarah

    Vielen Dank für die ausführliche Antwort, Timo!

    Ich habe noch eine Frage zu Mark Leary, weil ich neulich etwas über das Thema Moral gelesen habe. Wie lässt sich Leary moralisch einordnen?

    Ich frage, weil ich oft anders denke, als einige meiner Bekannten, sogar Freunde, und mich frage, ob ein Verständnis davon, mir helfen könnte, mich selbst besser zu verstehen.

    Liebe Grüße
    Sarah

    Antworten
    • Timo

      Hallo Sarah,

      danke für deine interessante Frage! Mark Learys Arbeiten konzentrieren sich weniger direkt auf Moral, sondern mehr auf soziale Psychologie, Selbstwert und die Dynamik zwischenmenschlicher Beziehungen. Allerdings gibt es durchaus Berührungspunkte zwischen dem Soziometermodell und moralischen Überzeugungen.

      Learys Soziometermodell könnte also erklären, warum du dich vielleicht unwohl fühlst, wenn deine moralischen Ansichten von denen deiner Freunde abweichen. Dein „Barometer“ zeigt in solchen Momenten Unsicherheit an, weil du wahrnimmst, dass deine Position dich potenziell von der Gruppe unterscheiden könnte.

      Was dir helfen könnte, ist, dir bewusst zu machen, dass moralische Unterschiede nicht zwangsläufig Ablehnung bedeuten. Vielmehr reflektieren sie individuelle Werte und Perspektiven. Eine Übung hierfür könnte sein, dir bei Gesprächen mit anderen die folgenden Fragen zu stellen:

      Was kann ich von der Sichtweise des anderen lernen?
      Welche gemeinsamen Werte teilen wir trotz unterschiedlicher Meinungen?
      Dadurch stärkst du deine Fähigkeit, moralische Differenzen zu akzeptieren, ohne sie als Bedrohung für die Zugehörigkeit zu sehen. Gleichzeitig kannst du dir bewusst machen, dass deine moralischen Überzeugungen dich authentisch machen – und echte Beziehungen auf Authentizität basieren.

      Ich hoffe, diese Gedanken helfen dir dabei, mehr Klarheit und Gelassenheit in solchen Situationen zu finden.

      Liebe Grüße
      Timo

      Antworten
  4. Jonas

    Hi Timo,

    der Abschnitt über die hedonistische Tretmühle war sehr spannend. Es ist interessant zu überlegen, wie wir uns immer wieder von neuen Reizen antreiben lassen und dabei oft übersehen, was wir schon alles haben.

    Gibt es Wege langfristig zufrieden zu sein, ohne ständig dem nächsten Highlight nachzujagen?

    Und gibt es vielleicht Philosophen, die sich intensiv mit dem Thema beschäftigt haben?

    Das würde ich gerne genauer verstehen.

    Grüße
    Jonas

    Antworten
    • Timo

      Hi Jonas
      du sprichst ein zentrales Thema an, das Albert Camus in seinem Buch ‚Der Mythos des Sisyphos‘ aufgreift.

      Camus beschreibt die hedonistische Tretmühle als einen Teil des größeren menschlichen Dilemmas: unser ständiges Streben nach Sinn und Zufriedenheit in einer Welt, die uns diese Erfüllung nicht dauerhaft bietet.

      Der Mythos von Sisyphos – der Mann, der dazu verdammt ist, einen Stein immer wieder den Berg hinaufzurollen – wird von Camus als Metapher für unser eigenes Leben verwendet. Aber anstatt sich von der Sinnlosigkeit erdrücken zu lassen, schlägt Camus vor, Sisyphos als glücklichen Menschen zu sehen. Der Schlüssel liegt darin, den Akt des Rollens selbst zu akzeptieren und ihm einen eigenen Sinn zu geben, anstatt sich auf ein unerreichbares Ziel zu fixieren.

      Für uns heißt das: Langfristige Zufriedenheit kommt, wenn wir aufhören, immer nach dem nächsten Highlight zu jagen, und stattdessen die Bedeutung in den kleinen, alltäglichen Momenten finden. Das klingt vielleicht etwas kitschig, aber da ist trotzdem etwas Wahres dran. 😉

      Camus’ Botschaft ist, dass es nicht der Stein ist, der zählt, sondern eher wie wir ihn sozusagen tragen.

      Ich denke dir konnte die Theorie gefallen.

      schöne Grüße
      Timo

      Antworten
  5. Sarah

    Lieber Timo, kannst du mir vielleicht ein Buch empfehlen, das mir einen Überblick über die Moral gibt, bei dem ich mich selbst vielleicht auch einordnen kann?

    Liebe Grüße
    Sarah

    Antworten
    • Timo

      Liebe Sarah,

      ich kann dir „The Righteous Mind: Why Good People Are Divided by Politics and Religion“ von Jonathan Haidt empfehlen. Es ist super spannend, weil Haidt zeigt, wie unsere moralischen Instinkte entstanden sind und warum sie oft zu unterschiedlichen Sichtweisen führen – ob in Politik, Religion oder Alltag.

      Besonders interessant ist, wie er erklärt, dass verschiedene moralische Werte je nach Kultur oder Persönlichkeit unterschiedlich gewichtet werden. Das hilft nicht nur, dich selbst besser einzuordnen, sondern auch zu verstehen, warum andere manchmal so ganz anders denken.

      Das Buch regt dazu an, offener und empathischer mit anderen Meinungen umzugehen – und dabei mehr über sich selbst zu lernen. Ich bin gespannt, wie es dir gefällt!

      Liebe Grüße,
      Timo

      Antworten
  6. Sarah

    Lieber Timo,

    vielen Dank, ich bin sehr gespannt.

    Schade, dass es das Buch nicht auf Deutsch gibt, aber ich werde es trotzdem lesen.

    Danke für deine Zeit, sehr lieb von dir.

    Liebe Grüße
    Sarah

    Antworten
  7. Jonas

    Hi Timo,

    das klingt sehr interessant.

    Wie siehst du diese Theorie aus der Perspektive des Life Coachings oder der Psychologie? Würde man Camus`Ansatz, den Sinn in den alltäglichen Momenten zu finden und den Fokus weg vom Streben nach Highlights zu lenken als praktikabel betrachten?

    Grüße
    Jonas

    Antworten

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