Wie überwinde ich meine Schüchternheit? - Lifecoach München

Wie überwinde ich meine Schüchternheit?

von | Persönliche Entwicklung | 8 Kommentare

„Als mein Freund Schluss gemacht hat, wurde mir plötzlich bewusst, wie sehr mich die Anwesenheit von anderen einschüchtert. Im Grunde weiß ich nie so recht, worüber ich mit anderen reden soll. Schüchternheit war eigentlich nie ein Thema. Zusammen haben wir die Welt auf Distanz gehalten und den Kontakt zur Außenwelt aufs Nötigste reduziert. Meine wenigen Freunde und Bekannten kenne ich über meinen Ex-Freund, der selbst auch eher ein schüchterner Typ ist.“ (Anja, 32 Jahre)

 

Ratgeberliteratur

Um ihre Schüchternheit zu überwinden, hat Anja daraufhin ein paar Ratgeberbücher gelesen, was ihr nicht viel geholfen hat. Ansonsten hat sie nichts unternommen, die Hemmschwelle war einfach zu groß. Im Büro macht sie viele Überstunden, arbeitet gewissenhaft und akribisch. Gelegentlich wird sie dafür gelobt, trotzdem versucht sie, sich unsichtbar zu machen. Sie spürt einen immer größer werdenden Druck, der auf ihr lastet, und hat Angst, dass sie dem nicht mehr gewachsen ist.

Introvertiertheit

Obwohl Anja fünf Sprachen beherrscht, ist sie in den meisten Situationen sprachlos. Man sieht ihr nicht an, dass sie schüchtern ist, trotzdem fühlt sie sich ständig beobachtet und vermutet, dass andere ihre Gefühle und Gedanken lesen können. Der Psychologe, den sie deshalb aufgesucht hat, hat behauptet, sie sei bloß introvertiert. Mittlerweile hat sie jedoch begriffen, dass das nur die halbe Wahrheit sein kann.

Inhalt

Text: Schüchternheit überwinden

1. Was ist Schüchternheit?
2. Analyse Life Coach bezüglich Schüchternheit
3. Hilfestellung Life Coach bezüglich Schüchternheit
4. Glaubenssätze überwinden
5 Fazit: Schüchternheit überwinden im Life Coaching


1. Was ist Schüchternheit?

Unter Schüchternheit versteht man laut dem Angstforscher Borwin Bandelow die Ängstlichkeit eines Menschen beim Knüpfen zwischenmenschlicher Beziehungen. Diese Angst ist eigentlich unbegründet und übertrieben, auch wenn das schüchterne Menschen völlig anders sehen. Wer schüchtern ist, hat es privat und beruflich schwer. Die Angst vor anderen beeinträchtigt sein ganzes Leben. Für schüchterne Menschen kann es herausfordernd sein, ihre Lebensziele zu erreichen.

Schüchternheit bewältigen: Therapie oder Life Coaching?

Wenn durch die Schüchternheit alle Lebensbereiche so stark beeinträchtigt sind, dass ein geregeltes Leben nicht mehr möglich ist, ist eine Psychotherapie ratsam. Wer aber das tägliche Leben einigermaßen im Griff hat, kann auf einen Life Coach zurückgreifen und vor allem auf praktische Übungen, mit denen man die Schüchternheit überwinden kann.


2. Analyse Life Coach bezüglich Schüchternheit

 

Zuversicht durch soziale Kontakte

Seit Anja in keiner Beziehung mehr und so auf sich alleine gestellt ist, hat sie Strategien entwickelt, um unvorhersehbare soziale Interaktionen zu vermeiden. Sie weiß zum Beispiel genau, wie sie Smalltalk am besten aus dem Weg geht. Diese Strategie ist aber keine Stärke, die zielführend für ein zufriedenes Leben ist. Für ein freies und selbstbestimmtes Leben sind soziale Kontakte wichtig. Was Anja jetzt ohne ihren Freund erlebt, ist soziale Isolation und Einsamkeit. Um ihren (sozialen) Selbstwert zu steigern, ist es notwendig, dass sie lernt, ohne Angst auf andere zuzugehen.

Zwischen Perfektion und Anerkennung: Anjas Arbeit

Bei der Arbeit hat sie eine Tendenz zum Perfektionismus entwickelt. Sie versucht, Konflikten aus dem Weg zu gehen, und ist sehr harmoniebedürftig. Für einen ausgewogenen Selbst-Wert ist es aber notwendig, anderen ab und die eigenen Grenzen aufzuzeigen. Es ist wichtig, für seine persönlichen Werte einzustehen. Anja dagegen ist abhängig von der Anerkennung von außen, z.B. von ihrem Chef.

Überwindung von Schüchternheit und Perfektionismus

Im Laufe des Coachings hat sich Anja an viele praktische Übungen herangewagt. Weil sie bereit war, sich aus ihrer Komfortzone zu trauen, ist es ihr am Ende gelungen, ihre Schüchternheit weitestgehend zu überwinden. Sie ist zufriedener im Büro und geht dem Smalltalk mit den Kollegen nicht mehr aus dem Weg. Ihr Chef weiß, dass sie kein Rhetorik-Talent ist, schätzt aber ihre anderen Fähigkeiten.

Ein Berufswechsel kommt für sie nicht mehr infrage und seit sie ihren Perfektionismus abgelegt hat, muss sie auch keinen Burnout mehr fürchten.


3. Hilfestellung Life Coach bezüglich Schüchternheit

 

Unterschied Schüchternheit – Verlegenheit

Bei beidem geht es um die Problematik der Selbstdarstellung und dabei vor allem um die Angst zu versagen. Bei der Schüchternheit ist es eher die Antizipation des Versagens, bei der Verlegenheit eher die Reaktion, auf ein tatsächlich eingetretenes Versagen.

Jemand, der schüchtern ist, wird häufig auch in Verlegenheit gebracht, aber jemand, der in Verlegenheit gebracht wird, muss nicht notwendigerweise schüchtern sein.

Schüchternheit: Der innere Konflikt

Jemand der schüchtern ist, fühlt sich hingegen als Gefangener seiner Gedanken und Gefühle. Diese Situation ist nicht freiwillig. Schüchterne Menschen haben das Problem, dass sie sich zu viele Gedanken und Sorgen darüber machen, was andere über sie denken. Sie führen einen inneren Dialog mit sich selbst und vermuten zu Unrecht, dass die Gedanken der anderen andauernd um sie kreisen. Diese negative Stimme in seinem Kopf ist der sogenannte innere Kritiker. Schüchterne Menschen sind zudem gefangen in typischen Glaubenssätzen:

Private Glaubenssätze

  • Ich störe andere, wenn ich sie auf der Straße anspreche. Sie werden dann wütend.
  • Wenn ich irgendwo bin, habe ich immer das Gefühl, alle starren mich an und finden mich seltsam.
  • Andere hören an meiner Stimme, die gepresst klingt, dass ich unsicher bin und mich nichts traue.

 

 

Berufliche Glaubenssätze

  • Ich halte andere von der Arbeit, ab wenn ich sie anspreche.
  • Ich habe kaum Stärken, und wenn, dann traue ich mich nicht, sie zu zeigen.
  • Ich gehöre nie wirklich zur Gruppe. Außerdem ist es dafür jetzt zu spät, denn die anderen haben kein Interesse mehr an mir.

 

 

4. Psychologie: Glaubenssätze überwinden

 

Desensibilisierung

In der Life-Coaching-Praxis kann dieses negative Selbstbild, bzw. dieses negatives Mindset, entkräftet werden. Es gibt viele praktische Übungen, die im Vorfeld durch Rollenspiele vorbereitet werden können. Die Psychologie spielt da eine wichtige Rolle im Life Coaching. Bei praktischen Übungen auf der Straße wird die Angst durch Desensibilisierung nach und nach verringert. Nach mehrmaliger Konfrontation mit schwachen Angstreizen verlieren die Glaubenssätze ihre angsterregende Wirkung. Das stärkt den Selbstwert. Zudem stärkt die Arbeit mit dem Enneagramm auch das Selbstbild.

 

Angstüberwindung

Der Psychologe und Vater der kognitiven Verhaltenstherapie Albert Ellis nennt die negativen Glaubenssätze „irrationale Überzeugungen, die es zu überwinden gilt. Wie das geht, hat er durch die stoische Philosophie erfahren. Von Epiktet hat er gelernt, dass es nicht die Dinge an sich sind, die uns beunruhigen, sondern unsere Gedanken über die Dinge. Diese Gedanken verändern sich, wenn wir im Laufe der Zeit feststellen, dass andere Menschen grundsätzlich positiv reagieren, wenn wir sie ansprechen. Die Situation wird also immer öfter positiv bewertet.

 

Veränderung

Ellis selbst litt im Alter von 19 Jahren unter Schüchternheit. Er fühlte sich gehemmt und nicht sehr cool. Ihm half es, immer wieder mit anderen in Kontakt zu treten. Nicht 10 oder 20 Mal, sondern so oft, bis sich seine Schüchternheit wirklich gelegt hatte. Sein Fazit lautete: Ohne andauernde praktische Erfahrung gibt es keine Veränderung.

 

Buchführung

Zu einer wertfreien und zielführenden Kommunikation gehört zudem, dass über jene praktischen Erfahrungen Buch geführt wird und die dabei gemachten Erfahrungen mit dem Life Coach durchgesprochen werden. Nur so wird auch der Zusammenhang zwischen Denken, Fühlen und Verhalten deutlicher:

  • Denken: Andere denken positiv über mich, wenn ich sie anspreche.
  • Fühlen: Ich fühle mich immer wohler im Gespräch.
  • Verhalten: Ich rede immer ruhiger und entspannter.

 

 

5 Fazit: Schüchternheit überwinden im Life Coaching

 

Anjas Fall zeigt, wie Schüchternheit das Leben beeinflussen kann. Nach ihrer Trennung merkte sie, wie sehr sie von ihrer Schüchternheit gehemmt wurde. Sie holte sich Hilfe von einem Life Coach und einem Psychologen, um ihre sozialen Ängste zu überwinden.

Durch Übungen und das Umdenken von negativen Gedanken gewann sie Selbstvertrauen und ein erfüllteres Leben. Anjas Geschichte zeigt, dass Schüchternheit überwindbar ist und professionelle Unterstützung dabei wirklich hilfreich sein kann, um Selbstwertgefühl und soziale Fähigkeiten zu stärken.

 

 

 

© Timo ten Barge [22.06.2019]

Du hast Fragen, oder möchtest einen Kommentar abgeben? Dann schreibe mir doch gerne eine Nachricht gleich hier unten.

8 Kommentare

  1. Zoya

    Hallo Timo,
    danke sehr, toll geschrieben!
    Ich habe mich zum Teil sogar identifizieren können:-)
    Viele Grüße
    Zoya

    Antworten
    • Timo

      Hallo Zoya,
      interessant, zum Glück kannst du ja gut an deiner Schüchternheit arbeiten!
      herzliche Grüße
      Timo

      Antworten
  2. Susi

    Hi Timo,
    danke für diesen Blog, der Mut macht und zeigt dass man sich mit Schüchternheit nicht abfinden muss, im Gegenteil man aktiv etwas dagegen tun sollte, siehe Ellis!
    Viele Grüße
    Susi

    Antworten
    • Timo

      Hallo Susi,
      genau, dass ist sehr beruhigend:-)
      Viele Grüße, Timo

      Antworten
  3. Daniela

    Hallo lieber Timo,

    Ein wirklich toller Artikel gegen Schüchternheit. Sehr interessant, gleichzeitig aber auch hilfreich und motivierend. Du hast mich überzeugt, dass ein Life Coach mir helfen wird!
    Vielen Dank und liebe Grüße
    Daniela

    Antworten
    • Timo

      Liebe Daniela,
      ich freue mich, dass ich dich davon überzeugen konnte, dass Life Coaching auch gegen Schüchternheit helfen kann. Mir gefallen da vor allem praktische Übungen z.B. Rollenspiele. Das mache ich auch gerne mit Überraschungsgästen (Praktikanten), so dass die Schüchternheit noch schneller überwunden werden kann.
      Viele Grüße zurück
      Timo

      Antworten
  4. Oksana

    Hallo lieber Timo,
    dein Blog gefällt mir sehr!
    Ich bin selbst sehr schüchtern und habe mich in Anja erkannt.
    Schüchternheit lässt sich überwinden, aber es ist ein langer Weg, was meinst du?
    viele Grüße, Oksana

    Antworten
    • Timo

      Hallo Oksana,
      natürlich kann man seine Schüchternheit nicht von heute auf morgen ablegen. Es gibt aber zahlreiche Übungen in denen man Schritt für Schritt lernt, seine Schüchterheit abzulegen. Ich arbeite z.B. gerne mit Rollenspiele.
      Schöne Grüße, Timo

      Antworten

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert